Das Narrativ «Politisches Erfolgsmodell» fokussiert auf die direktdemokratischen und föderalistischen Strukturen der Schweiz.
Das Narrativ «Wirtschaftlicher Wohlstand» stellt die Schweiz als attraktiven und unabhängigen Wirtschaftsstandort ins Zentrum.
Das Narrativ «Willensnation» zelebriert die Vielfalt der Schweiz, sowie die Konkordanz und den Konsens.
Im Fokus des Narratives «Humanität und Solidarität» stet die Deckung der Grundbedürfnisse der Menschen in der Schweiz und im Ausland.
Das Narrativ der Schweiz als «Politisches Erfolgsmodell» dreht sich primär um das direktdemokratische, föderalistisch-subsidiäre politische Modell der Schweiz als Grundlage des Erfolgs. Auch die aussenpolitische Rolle der Schweiz als neutrale Vermittlerin wird hervorgehoben.
Die Studie hat gezeigt, dass das Narrativ ab den 1990er Jahren von rechten Parteien relativ zu anderen Akteur:innen mehr benutzt wird. Mindestens zwischen den Jahren 2000 und 2010 heben sie sich von den anderen Akteur:innen ab und halten ihre Bedeutungsdominanz bis heute.
Auch in Grundsatzdokumenten kommt das Narrativ relativ zu anderen Akteur:innen oft vor, immerhin bis in die 1990er Jahren. Bis zum Jahr 2019 nimmt die Narrativnutzung durch die Grundsatzdokumente jedoch stetig ab.
Beim Wortschatz des Narratives sticht erneut die Dominanz der rechten Parteien bei gewissen Begrifflichkeiten hervor. Insbesondere von Worten mit Bezug auf die Neutralität machen die rechten Parteien in eindrücklichem Masse Gebrauch. Grundsätzlich kann aber gesagt werden, dass das Narrativ sich als institutionelles Gefüge mehrheitlich objektiv im Diskurs verwenden lässt.
Unabhängigkeit, Souveränität und Stabilität sind laut diesem Narrativ die Gründe für den wirtschaftlichen Wohlstand der Schweiz. Es sind keine stabilen Trends oder Dominanzen in der Nutzung dieses Narrativs ersichtlich. Lediglich bei den Zentrumsparteien hat das Narrativ eine konstant hoghe relative Bedeutung.
Bei der Analyse der wirtschaftsorientierten Wortverwendungen fällt vor allem auf, dass sich erwartungsgemäss zwei Gegenpole der entsprechenden Narrative bedienen: die Wirtschaftsverbände und die Gewerkschaften/NGOs. Es scheint sich um ein Spannungsfeld der Deutungshoheit oder der Auslegung des Narratives zu handeln.
Bei den Wirtschaftsverbänden haben nach aussen gerichtete Wörter wie «Innovation», «wettbewerbsfähig» oder «Swissnessregelung» die höchste relative Bedeutung. Die Schweiz kann sich behaupten, ist attraktiv und einzigartig. Demgegenüber brauchen die Gewerkschaften innenpolitische Worte wie «Sozialpartner», «Deregulierung» oder «Gleicher Lohn» tendenziell am meisten. Bei allen Akteur:innen ausser Gewerkschaften/NGOs ist «Investition» das bedeutendste Wort.
Beim Narrativ «Willensnation» handelt es sich um eine Zelebrierung der kulturellen, sprachlichen und geographischen Vielfalt der Schweiz. Trotz dieser Unterschiede ist der innere Zusammenhalt gross und der Konsens und die Konkordanz werden als Schweizer Spezialität betont.
Das spiegelt sich auch in den Begriffen, die im Kontext des Narratives verwendet werden, wieder. Bei den Wortverwendungen lassen sich keine eindeutigen Monopole ausmachen. Fast alle Akteur:innen benutzen die Begriffe «Gemeinschaft» und «Integration». Auch «Vielfalt» ist vielgenannt.
Bei der Benutzung des Narrativs durch politische Akteur:innen lässt sich jedoch ein spannender Trend feststellen. Während vor den 1980er Jahren linke Parteien das Narrativ dominiert haben, wird es seit den 2000er Jahren vor allem von rechten Parteien verwendet.
Die Verwendung in Grundsatzdokumenten hat sich im Vergleich zu anderen Akteur:innen unterdurchschnittlich entwickelt. Diese Dokumente neigen naturgemäss dazu, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu betonen. Es ist also interessant, dass sie den Willen, trotz Vielfalt zusammenzufinden, weniger hervorheben.
Im Fokus des Narratives «Humanität und Solidarität» geht es darum, dass für alle gesorgt wird und dass die Grundbedürfnisse der in der Schweiz lebenden Bevölkerung gesichert sind. Dieses humanitäre Denken zeigt sich auch im Ausland. Die Schweiz zeigt ihr Engagement bei Entwicklungszusammenarbeiten und ist stolz auf ihre humanitäre Tradition, die das Rote Kreuz leistet.
Das Narrativ hat eine relativ hohe Bedeutung und wird relativ konstant benutzt. Die Studie hat zudem herausgefunden, dass das Narrativ primär von linken Parteien, den Gewerkschaften / NGOs und den Grundsatzdokumenten oft verwendet wird.
Linke Parteien und die Gewerkschaften haben sich insgesamt als die intensiveren Benutzer:innen des Narrativs herausgestellt - jedoch dominieren rechte Parteien im intensiven Gebrauch der Worte «Entwicklungshilfe», «Herkunft» und «Scheininvalide». Dies deutet darauf hin, dass die Akteur:innen das Narrativ unterschiedlich besetzten.
In diesem Narrativ werden die Einzigartigkeit und Wichtigkeit der schweizerischen Tugenden und Werte vor allem im Kontrast zu «fremden Richtern», aber auch unschweizerischem Verhalten und Gedankengut betont. Dieses Narrativ und seine Prinzipien und Mythen, welche zum Teil bis zum Rütlischwur zurückdatieren, sind tief in der Schweizer Mentalität verankert.
Die Studie hat herausgefunden, dass das Narrativ im Eigenvergleich proportional am meisten von rechten Parteien und in Grundsatzdokumenten angewendet wird. Es tritt also bei diesen Akteur:innen im Vergleich mit den anderen Narrativen am häufigsten auf.
Die relative Bedeutung des Narratives hat ab den 1990er Jahren bei allen Akteur:innen ausser den rechten Parteien abgenommen und sich auf niedrigem Niveau stabilisiert. Die rechten Parteien hingegen haben in derselben Zeit einen markanten Anstieg in der relativen Bedeutung dieses Narratives zu verzeichnen.
Diese Diskrepanz weist auf eine Neubesetzung oder eine starke Neubewirtschaftung des Narrativs hin. Wenig überraschend ist der Begriff der «Freiheit» sehr dominant, wobei der freiheitliche Diskurs relativ stark in Richtung der Migrationsthematik gelenkt wird.
Im Narrativ «Die Schweizer:innen sind ein Alpen-Volk» wird die Wichtigkeit von Traditionen und Heimat, des Schweizer Volkes sowie das einheimisch-sein unterstützt mit Spezifika wie dem Réduit oder Heidi. Der Bezug zur Natur wird über die erholsame Wirkung der Schweizer Berglandschaft sowie deren Nutzung gemacht. Dabei ist die Schweiz, das Mutter-/Vaterland, im Herzen Europas lokalisiert.
Die Studie hat herausgefunden, dass dieses Narrativ bei sämtlichen Akteur:innen im Vergleich mit den anderen Narrativen eine marginale Rolle einnimmt. Im Zeitverlauf haben die rechten Parteien eine bemerkenswerte Dominanz in diesem Narrativ, also das Narrativ viel häufiger benutzen als andere Parteien. Einzig die Grundsatzdokumente benutzen das Narrativ gleich häufig.
Seit den späten 2000er Jahre konvergieren die Trends aber wieder. Die häufigsten Worte, die von den Akteur:innen zu diesem Narrativ gebraucht werden sind «Alpen», «Erholung», «Heimat» und «Berge» scheinen die beliebtesten Begrifflichkeiten zu sein.
Bei den rechten Parteien fällt zudem die Bedeutung des Begriffs «Schweizervolk» auf. Das Narrativ zeichnet sich durch seine homogene Verwendungsweise bei den Begrifflichkeiten und eine gewichtete Monopolisierung durch die rechten Parteien und Grundsatzdokumente aus.